Leuchtturm Roter Sand – der Turm der Türme vor der Wesermündung
Der Leuchtturm „Roter Sand“, heute unter Denkmalschutz, ist ein historisches Bauwerk nordöstlich der Insel Wangerooge. Das imposante und zugleich malerische Gebäude mit den auffälligen Erkern liegt unter den Koordinaten 53° 51´ 18 N / 08° 04´ 54 E in der Nordsee. Der bekannte Leuchtturm gilt als erste Offshore-Konstruktion überhaupt und wies seit 1885 mit seiner zweidochtigen Öllampe für 97 Jahre Schiffen den Weg.
Der Turm hat eine beeindruckende Höhe von 52,5 Meter einschließlich des Fundaments und erhebt sich bei Niedrigwasser mehr als 30 Meter über dem Meeresspiegel. Bei Hochwasser hingegen wird der Sockel bis zu einem Meter Höhe überspült. Unterhalb der Laterne befinden sich insgesamt vier Etagen – das als Lager genutzte Erdgeschoss, ein Schlafraum und ein Aufenthaltsraum mit Küche. Im Obergeschoss unter der Laterne findet sich der Dienstraum der Leuchtturmwärter, die während ihrer Schichten auf die Räumlichkeiten mitten im Meer beschränkt waren. Die historische Einrichtung des Leuchtturms wurde weitgehend übernommen und gibt einen Eindruck des einfachen Lebens auf dem Turm.
Die Außenweser: Tor zur Nordsee
Von Bremerhaven bis zu den Leuchttürmen Roter Sand und Alte Weser erstreckt sich die sogenannte Außenweser. Hier öffnet sich die Flussmündung der Weser in die Nordsee. Das Randmeer des Atlantischen Ozeans ist alles andere als ein Planschbecken für Urlauber. Die Nordsee ist durch ihre Untiefen und das mitunter unberechenbare Wetter noch heute eine Herausforderung für die Schifffahrt.
Zugleich bezaubert die Küstenlandschaft der Nordsee und das Wattenmeer noch heute durch Weitläufigkeit, Einsamkeit und unberührte Natur. Seit 2009 gehören die Küsten der Nordsee mit ihrer typischen Flora und Fauna deshalb zum Weltnaturerbe. Hier finden Reisende Ruhe und Entspannung, Wellness ist ebenso möglich wie Aktivurlaub, so dass jeder die Küstenlandschaften im Norden Deutschlands auf eigene Weise entdecken kann.
Faszination Leuchttürme: Wegweiser für die Seefahrt
Der Leuchtturm Roter Sand ist heute durch die moderne Anlage Alte Weser ersetzt und dient nur noch als Sichtmarke. Das romantische Bauwerk verkörpert wie kaum ein anderes die Idee hinter dem Leuchtturm: die sichere Heimkehr von Seeleuten dank zuverlässiger Wegmarken. Fischer und Handelsschiffer früherer Zeiten erreichten dank der Leuchtturmkonstruktionen entlang der Nordseeküsten überhaupt erst sicher ihren Heimathafen.
Heute können Seefahrer sich der allgegenwärtigen GPS-Navigation ebenso bedienen wie des Radars. Doch auch diese ist in einem gefährlichen Meer wie der Nordsee nicht immer ausreichend, um die ständig wandernden Sandbänke zu vermeiden. In früheren Zeiten waren derartige technologische Hilfen noch nicht verfügbar, und Leuchttürme boten vor allem bei Extremwetter, bei schlechter Sicht und während der Nacht die einzigen zuverlässigen Anhaltspunkte für Seeleute auf dem Weg in den sicheren Hafen.
Roter Sand: Herausfordernde Bedingungen für eine bauliche Pionierleistung
Als die Laterne des Leuchtturms Roter Sand am 1. Oktober 1885 erstmals entzündet wurde, waren der Einweihung bereits zahlreiche Herausforderungen vorausgegangen. Aufgrund der Zunahme des Schiffsverkehrs wurde der Bau eines Leuchtturms in der Außenweser vorgeschlagen und 1878 der Standort auf einer Untiefe ausgewählt. Der geplante Turm sollte ein weiteres Feuerschiff in der Wesermündung überflüssig machen.
Für den Bau erwies sich der feine Sand am angedachten Standort als besondere Schwierigkeit. Daher entschied man sich für eine technisch innovative Lösung, nämlich die Versenkung eines Caisson. Dabei wird ein Stahlkasten auf den Grund des Meeres abgesenkt und der Sand darunter allmählich entfernt. Der Caisson sollte als Fundament des Leuchtturms dienen. Ende 1880 begann man mit dem Bau, einige Monate später wurde der Caisson herabgelassen. Besonders heftige herbstliche Stürme über der Nordsee machten 1881 dann die Weiterführung der Bauarbeiten unmöglich und zerschlugen sogar den stählernen Kasten. 1883 wurden die Arbeiten erneut aufgenommen, am heutigen Standort ein wenig nördlich der ersten Baustelle – diesmal mit Erfolg. Der Leuchtturm wurde nun rasch fertiggestellt und 1885 in Betrieb genommen. Für nahezu hundert Jahre sollte Roter Sand nun das wichtigste Leuchtfeuer für Schiffer in der Außenweser sein.
Harte Arbeitsbedingungen Der Alltag des Leuchtturmwärters von Roter Sand
Der Dienst im Leuchtturm Roter Sand wurde von drei Leuchtturmwärter im Schichtdienst versehen. Zu den Aufgaben gehörten die Wartung des Leuchtfeuers, die Säuberung und Instandhaltung aller Komponenten sowohl der Laterne als auch des gesamten Turms, die Protokollierung des Schiffsverkehrs und besonderer Vorkommnisse.
Anders als bei Türmen mit Landzugang konnten die Männer ihre Familien nicht bei sich haben, auch die Ablösung war bei schlechtem Wetter nicht immer fristgerecht möglich. Mitten in der Nordsee war das Leben hart, eintönig und bisweilen gefährlich, vor allem, wenn die Winterstürme das gesamte Gebäude zum Erzittern brachten. Auf kleine Annehmlichkeiten wie eine Heizung mussten die Leuchtturmwärter verzichten, und das Zusammenleben auf engstem Raum, oft länger als gedacht und unter härtesten Bedingungen, kann nicht immer einfach und frei von Spannungen gewesen sein.
Roter Sand heute: Tourismusmagnet und Symbolbau
Der markante Leuchtturm, bekannt durch Funk und Fernsehen, ist mittlerweile seit Jahrzehnten „im Ruhestand“. Seit der Inbetriebnahme des Leuchtturms Alte Weser ist Roter Sand nur noch ein Tagessichtzeichen, ab 1987 wurde das Bauwerk unter Denkmalschutz gestellt und einer Sanierung unterzogen. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz und die „Stiftung Leuchtturm Roter Sand“ kümmern sich seitdem um den Erhalt des Gebäudes. Alle fünf Jahre muss der Turm von Salzkristallen befreit werden und erhält einen komplett neuen Außenanstrich. Die Kosten für die Arbeiten, die sich für jeden Neuanstrich auf mehr als 65.000 Euro belaufen, werden weitgehend aus Spendengeldern bestritten.
Segler und Touristen steuerten den Turm über die Jahre gern an, und noch bis 2011 konnten Touristen während der Sommermonate sogar im Leuchtturm übernachten – eine Möglichkeit, sich in den Alltag der Leuchtturmwärter von einst hineinzuversetzen und in der Weite der Nordsee die Seele baumeln zu lassen. Aufgrund zunehmender Instabilität wurde das Gebäude dann jedoch als zu gefährlich für den Aufenthalt eingestuft und für Besucher geschlossen. Seit der erneuten Sanierung 2011/2012 wird Roter Sand wieder angefahren und ist eines der Highlights an der Nordseeküste bei Bremerhaven.
Roter Sand und die Umgebung entdecken
Rund um das maritime Wahrzeichen Roter Sand gibt es viel zu entdecken und zu erleben. Der Leuchtturm und seine Geschichte, die Technologien bei der Ausführung des Baus, aber auch für den Betrieb der Laterne, aber auch das Wattenmeer bei Bremerhaven, die Außenweser und Wangerooge.
Impressionen, Informationen und Anregungen für einen Besuch dieser vielfältigen Landschaft finden Sie auf der Website – mit zahlreichen Themen zum und um den bekannten Leuchtturm.
Besucher, die die Küstenlandschaften der Nordsee bereits kennen, finden Bekanntes, Vertrautes und hoffentlich auch Neues. Wer den Leuchtturm Roter Sand noch nicht mit eigenen Augen gesehen hat, bekommt vielleicht Lust zu einem Aufenthalt an der Nordseeküste, um diesen und andere Leuchttürme zu entdecken!