Von Piraten, Schmugglern und Badegästen – die Geschichte der Insel Helgoland
Helgoland, die einzige Hochseeinsel Deutschlands, zieht jedes Jahr Tausende Urlauber beziehungsweise Tagesgäste mit Ihrer unvergleichlichen Natur und Tierwelt in den Bann. Vor einem Besuch lohnt ein Blick in die spannende und wechselvolle Geschichte des felsigen, meerumtosten Eilandes.
Ein Spielball von Naturgewalten und dem Machtstreben der Menschen war die Nordseeinsel schon immer. Ertragreiche Fischgründe, die exponierte Lage und das einzigartige Klima schufen einen “Sehnsuchtsort” für zahlreiche Interessen.
Wann wurde Helgoland besiedelt?
Archäologische Funde belegen die Besiedlung des Gebiets durch den Menschen ab der Steinzeit. Vor über 3.000 Jahren führte vermutlich ein ansteigender Meeresspiegel zur Ablösung des Felsens vom Festland. Helgoland wird zur Insel, jedoch mit einer wesentlich größeren Ausdehnung als heute. Verschiedene Ausgrabungen bezeugen für die Bronzezeit, etwa die Jahre 2.200 bis 800 vor Christus, bereits einen gewissen Wohlstand der Insulaner.
Wem gehörte die Nordseeinsel Helgoland?
Um etwa 800 nach Christus fand das Eiland erstmals schriftliche Erwähnung. Dabei ging es um die Missionierung der einheimischen Bevölkerung durch christliche Mönche. Lange widersetzten sich die stolzen und selbstbewussten Friesen der Christianisierung.
Etwa ab dem 12. Jahrhundert stand die Nordseeinsel wie das restliche Gebiet Nordfrieslands unter der Regentschaft des dänischen Königshauses. Ab dem 14. Jahrhundert amtierten jeweils wechselnde schleswigsche Herzöge und Grafen als Inselherren. Durch die reichen Heringsvorkommen rund um die Hochseeinsel ließen Streitigkeiten nicht lange auf sich warten. Die Hansestädte Hamburg und Bremen meldeten Besitzansprüche an. Kriege zogen ins Land und 1714 eroberten erneut dänische Truppen die Insel.
Das Jahr 1807 brachte große Veränderungen. Im Verlauf der Napoleonischen Kriege und der Auseinandersetzungen zwischen Dänemark und Großbritannien ging letzteres als Sieger hervor und nahm die Insel ein. Die Kronkolonie gehörte damit zum Vereinigten Königreich. Die Briten vermochten so, die von Napoleon verhängte Kontinentalsperre teilweise zu umgehen. Die Insel entwickelte sich zum Hochseehafen und frequentierten Umschlagplatz für Schmuggelware aller Art. Nach dieser Zeit folgte ein wirtschaftlicher Niedergang. Den Ausweg aus der Krise bot die Gründung des Seebades Helgoland. Es entstanden Gästehäuser, ein Schwimmbad und eine Landungsbrücke für die bald regelmäßig verkehrenden Dampfschiffe. Der Tourismus schuf Arbeitsplätze und brachte den Insulanern einen gewissen Wohlstand. Auch namhafte Prominente und Künstler genossen das frische Meeresklima.
Der Helgoland-Sansibar-Vertrag – Deutschland bekommt eine Hochseeinsel
Am 10. August 1890 nahm der Deutsche Kaiser Wilhelm II. die Nordseeinsel offiziell von Großbritannien in Besitz. Im Gegenzug verzichtete das Reich vertraglich auf alle Ansprüche am vor der Küste Afrikas gelegenen Sultanat Sansibar.
Nach und nach erfolgte der Ausbau der Insel zu einem Marinestützpunkt und zur “Seefestung”. Die Verhältnisse änderten sich zunehmend. Die wohlhabenden Badegäste blieben weg, dafür entdeckten Vereine das Reiseziel für ihre Ausflüge. Der militärische Schwerpunkt und die damit verbundenen Umstände brachten den Tourismus fast komplett zum Erliegen.
Die Kriege und ihre Auswirkungen auf Helgoland.
Mit Beginn des Ersten Weltkrieges mussten nach den Urlaubern und Gästen auch die Helgoländer ihre Heimat verlassen. Trotz aller Hoffnungen durften sie erst im Jahr 1918 zurückkommen. Zwei größere Seegefechte in den umliegenden Gewässern hinterließen massive Zerstörungen auf der Insel. In der Zeit der Weimarer Republik gingen die heimgekehrten Bewohner zuerst daran, ihre Häuser und Orte wiederaufzubauen. Tagesgäste schätzten nun vor allen Dingen die Möglichkeit des zollfreien Einkaufs. Im Kriegshafen entstand ein Strandbad.
Der Tourismus kam gerade in Fahrt, als der nächste Krieg vor der Tür stand. Die nationalsozialistische Regierung rüstete die Hochseeinsel erneut zum Marinestützpunkt auf.
Anders als 1914 wurden die Insulaner bei Kriegsbeginn nicht deportiert. Zu Anfang blieb die Nordseeinsel weitgehend von Angriffen und größeren Auswirkungen verschont. Ab dem Jahr 1943 geriet sie allerdings ins Visier amerikanischer Kampfflugzeuge. Der 18. April 1945 bildete eine Zäsur in der Geschichte des Eilandes. Mehrere Hundert alliierte Bomber zerstörten den Großteil der bebauten Fläche. Kurz vorher scheiterte ein Versuch, die Insel kampflos zu übergeben. Wieder mussten die überlebenden Insulaner ihre Heimat verlassen.
Nach der “Stunde Null” – Helgoland widersetzt sich der kompletten Vernichtung
Zum zweiten Mal in der Geschichte übernahmen die Briten das Kommando auf der inzwischen menschenleeren Nordseeinsel Helgoland. Die Royal Air Force nutzte sie als Übungsziel für Bombenabwürfe. Durch den sogenannten “Big Bang”, die massivste nicht nukleare Sprengung der Geschichte, wollten sie deutsche Kriegsanlagen vernichten. Die unterirdischen Stollen und Bunker flogen zwar in die Luft, die Insel selbst aber überstand die beispiellose Operation.
In einer dramatischen Aktion “besetzten” während dieser Zeit zwei Heidelberger Studenten in Begleitung von Journalisten das Eiland, um auf die Vorgänge dort aufmerksam zu machen. Ihr Ziel war es, die Briten zur Rückgabe zu bewegen.
Die Helgoländer nahmen aus der Ferne großen Anteil am Schicksal ihrer Heimat. Sie wandten sich mit der dringenden Bitte an die Regierung des Vereinigten Königreiches, die Hochseeinsel zu verschonen.
Helgoland wird wieder eine deutsche Insel
Am 1. März 1952 übergeben die Briten Helgoland an die Bundesrepublik Deutschland. Die Insulaner finden ein Trümmerfeld vor, der Wiederaufbau kommt jedoch rasant in Gang. Nachdem das Urlaubsziel im Mai 1956 öffentlich zugänglich wird, kehren die Gäste rasch zurück. Der Status als zollfreies Einkaufsgebiet zieht vor allem Tagestouristen an.
Die Hochseeinsel mit ihren Wahrzeichen, dem Leuchtturm und der Felsformation “Lange Anna”, besitzt neben dem maritimen Flair eine einzigartige und spannende Geschichte. Als interessierter Besucher entdecken Sie diese auf unterhaltsame sowie lehrreiche Art durch die Besichtigung der historischen Stätten und auf beschilderten Themenwegen.