Weihnachten ist besonders schön und stimmungsvoll, wenn die Tage kürzer werden und an langen, dunklen Abenden Kerzenlicht aus erleuchteten Fenstern auf dick verschneite Straßen fällt. Das gibt dem Weihnachtsfest ein besonderes, nordisches Gepräge, und tatsächlich stammen viele schöne Bräuche, die man auch in Deutschland schätzt, aus dem hohen Norden.
Woher kommt der Weihnachtsmann?
Zu Weihnachten gehört der Tannenbaum, die Bescherung, der Weihnachtsmann – zweifellos allesamt Elemente, die mit der Krippe in Bethlehem nichts zu tun haben. Doch woher stammen sie dann? Der Weihnachtsmann oder Nikolaus ist abgeleitet aus der Figur des tatsächlichen Bischofs von Myra in Kleinasien, dem heiligen Nikolaus. Schon zu dessen Lebzeiten begannen sich Legenden um den Heiligen zu ranken, der auch als Schutzpatron der Kinder gilt. Das Namensfest des Heiligen wurde bereits relativ früh in der katholischen Kirche gefeiert und war schon früh der Anlass für die „weihnachtliche“ Bescherung, die später, getrieben von der Ablehnung des Heiligenkults in den protestantischen Kirchen, auf Weihnachten verlegt wurde.
Dass der Weihnachtsmann Geschenke bringt, geht möglicherweise auf viel älteres Brauchtum zurück – nämlich die Feste zum heutigen Allerheiligen, bei denen nach keltischem Glauben die Tür zwischen den Welten offenstand. Man opferte den Göttern und deckte den Tisch für liebe Verstorbene, doch auch die Lebenden erhielten Gaben. Die isländischen Weihnachtstrolle und die früher in Italien übliche „Bescherung“ zu Allerheiligen dürften Reste dieser Bräuche sein. Auch die Tanne und die vielen Kerzen sind vor- und nichtchristlichen Vorstellungen entnommen, und symbolisieren die Beständigkeit des Lebens durch das Immergrün der Tanne und die Rückkehr des Lichts nach dem kürzesten Tag des Jahres.
Weihnachten im hohen Norden: Wo sich heidnische und christliche Bräuche treffen
In den skandinavischen Ländern ist weiße Weihnacht eine ziemliche Selbstverständlichkeit, und von hier stammen zahlreiche interessante Weihnachtsbräuche. Da in Schweden, Finnland, Norwegen oder Island die Tage im Winter kurz bis kaum merklich sind, spielt das Verlangen nach mehr Licht eine wichtige Rolle in den Festlichkeiten. In Schweden feiert man am 13. Dezember das Fest der heiligen Lucia – mit einer Prozession, die im ganzen Land und in jeder Siedlung abgehalten wird. Die weiß gekleidete Darstellerin der Lucia trägt auf dem Kopf einen Reif mit brennenden Kerzen und bringt mit ihrem Rundgang Licht in die Dunkelheit.
In Finnland hat man keine Lichterkönigin, aber dafür den offiziellen Wohnort des Weihnachtsmanns, in Rovaniemi auf dem Polarkreis. Hier beantworten fleißige Helfer die Post, die den Nikolaus von überall her auf der Welt erreicht, und freuen sich über die Bedeutung der kleinen Ortschaft.
Die Norweger bedienen sich an den Weihnachtsbräuchen ihrer Nachbarn und schaffen sich eigene, etwa die ständig erweiterte Miniaturstadt aus Lebkuchenhäusern in Bergen, die mittlerweile die größte Knusper-Siedlung der Welt ist und besichtigt werden kann. Gemeinsam mit den Schweden, Dänen und Finnen hat man andere Besonderheiten, wie den Jule-Bock, ein aus Stroh gefertigtes Gesamtkunstwerk in Tiergestalt, das in der dunkelsten Zeit des Jahres die Fruchtbarkeit der Erde am Leben erhalten soll.
Trolle statt dem Knecht Ruprecht gibt es in Island, und sie ziehen von Haus zu Haus wie beim Rundgang zu Halloween. Das scheint vertraut – weniger geläufig ist der isländische Weihnachtsbraten, nämlich Gammel-Rochen. Das stark mit Harnstoff angereicherte Fleisch der Meerestiere muss stark abgehangen sein und dann fast bis zur Konsistenz von Gelee heruntergekocht werden. Wer bei Isländern eingeladen wird, muss also eine robuste Konstitution haben!
Weihnachten an der deutschen Nordseeküste
Auch an der Küste und auf den friesischen Inseln haben sich besondere weihnachtliche Traditionen erhalten, die noch immer die Bezüge zu Skandinavien erkennen lassen – das früher Jül oder Juul genannte Weihnachtsfest ist der Anlass, den Juulbuum aufzustellen, keinen grünen Tannenbaum, sondern einen senkrechten Holzpfahl mit waagrechten Querstreben, der mit weihnachtlichen Elementen dekoriert wird. Und auch das von Haus zu Haus ziehen in Verkleidung findet statt, allerdings erst vor Silvester und auf den Inseln mit verschiedenen Namen belegt. Wer die vermummten Besucher mit Süßigkeiten besticht, erspart sich typische Spottlieder, mit denen man Geizige belegt. Und wie überall im Norden schätzt man auch an der Nordseeküste die Besinnlichkeit des Festes im schön geschmückten Zuhause, wenn draußen ein rauher Nordseesturm weht.
Als Leuchtturmwärter zu Weihnachten im Dienst
Wie man sich denken kann, gibt es auch zu Weihnachten für manche Berufsgruppen keine oder nur teilweise Auszeit. Ärzte, Pflegeberufe, Polizisten und Rettungskräfte, aber Leuchtturmwärter nehmen sich nicht frei. Für Leuchtturmwärter war der Beruf mit einer hohen Verantwortung für die Sicherheit der Seefahrer verbunden, die auch über die Festtage durch die Leuchtzeichen verlässlich in den Hafen finden mussten. Das bedeutete für die Mannschaft im Leuchtturm einsame Tage, wenn andere feiern.
Im Leuchtturm Roter Sand, weit in der Außenweser gelegen, waren die drei Leuchtturmwärter mitten im Meer den Wellen, dem Wind und der Dunkelheit ausgesetzt und versahen dennoch über lange Zeit zuverlässig ihren Dienst – bei rauher See mitunter wochenlang ohne Kontakte zur Außenwelt.
Weihnachten in Deutschland – Frohe Weihnachten 2021 für unsere Leser
In Deutschland wird auch dieses Weihnachtsfest sicherlich nicht ganz so ablaufen, wie man es vor der Corona-Pandemie gewohnt war. Angesichts der Arbeitsbedingungen der Besatzung im Leuchtturm Roter Sand sind gelegentliche Einschränkungen allerdings immer noch erträglich, zumal wir mit unseren Lieben auf verschiedenen technologischen Wegen Kontakt halten können – was früher undenkbar war. Deshalb wünschen wir allen unser Lesern besinnliche Festtage, vor allem Gesundheit, und die Gewissheit, dass das Licht auch im übertragenen Sinne bald zurückkehren wird!